IMSLP Musiknotensatz-Richtlinien
Das Ziel dieses Dokuments ist es, einen Mindeststandard für Qualitätsansprüche an neu gesetzte Werke, die auf IMSLP eingestellt werden, festzulegen.
Wo bei IMSLP mehr als eine Ausgabe eingestellt wurden, werden die Qualitätsrichtlinien strenger angewandt als dort, wo nur eine Ausgabe existiert.
Der Gedanke dahinter ist, eine Ausgabe zu haben ist besser als keine, aber wo wir mehrere Ausgaben haben, sollte ein Notensatz mit groben Mängeln, der potentielle Probleme bei Proben und/oder Aufführungen verursachen kann, korrigiert oder gelöscht werden.
Trotzdem wird eine Notensatzarbeit, die die Vorgaben der Richtlinie nicht erfüllt, nicht automatisch gelöscht. IMSLP wird den Hochlader zuerst kontaktieren und erläutern, was die Defizite sind und darum bitten, sie zu korrigieren.
Erstellen eines guten Notensatzes
Es gibt zwei Gesichtspunkte, die ein guter Notensatz erfüllen sollte: einer ist, zu lernen was einen guten Notensatz ausmacht und der andere ist, die Notationssoftware zu beherrschen, so dass Sie auch kompliziertere Sätze umsetzen können.
Gute Quellen sind die Bücher Die Praxis des Notengraphikers von Herbert Chlapik und Music Notation: A Manual of Modern Practice von Gardner Read. Es gibt auch noch kleinere Quellen im Internet:
Diese zu lesen, ist ein guter Anfang, grundlegende Kenntnise zu erwerben. Andere Quellen finden Sie auch in den Foren Ihrer Notationssoftware, egal ob Finale, Sibelius oder andere Pakete. Dort gibt es immer jemanden, der Ihnen einen Rat geben kann, wie Sie ein ungewöhnliches Notensatzproblem lösen können.
Um zu verstehen, warum wir scheinbar heikel mit diesen Regeln umgehen, kann es helfen zu verstehen, welche Art von Problemen schlecht gesetzte Noten aufführenden Musikern bereitet.
Tatsache ist, dass besonders bei extrem komplexer, aber akkurat gesetzter Musik (klar, groß genug, mit angemessenen Abständen zwischen Noten, mit proportionalen rhythmischen Abständen, guten Seitenwechseln und adäquaten Strichmarken) Musiker sehr gut vom Blatt spielen können. Dies bedeutet, dass sie weniger Zeit mit der Korrektur und Ergänzung von Partituren aufwenden, Zeit, die eigentlich dazu da sein soll, sofort losspielen bzw. proben zu können.
Zum Schluss: Auch wenn wir zugeben müssen, dass einige Manuskriptausgaben beim IMSLP ziemlich schlecht lesbar sind, haben sie doch einen besonderen Stellenwert in der Sammlung, besonders autographische Manuskripte, aus denen man die ursprüngliche Intention des Komponisten erkunden kann. Erstausgaben haben ebenso einen hohen musikwissenschaftlichen Wert. Idealerweise wollen wir eine Kombination aus musikwissenschaftlich wertvollen Ausgaben, auch wenn sie nicht notwendigerweise für Aufführungen verwendbar sind, und modernen Notensätzen, die Proben und Aufführungen einfach machen – in anderen Worten: Wir wollen das Beste aus beiden Welten.
Die Richtlinien
- Stellen Sie die Quelle Ihrer Partitur fest. Das hat einen doppelten Zweck: Erstens können die Besucher die Originalquelle zu Rate ziehen, wenn Sie eine Frage zu einem Werk haben, und zweitens kann der Gemeinfreiheitsstatus Ihres Notensatzes geprüft werden.
- Generelle Exaktheit. Dies gilt für Noten, Rhythmus, Artikulationen, Dynamik, Tempowechsel und alles weitere, was Teil der Musik ist.
- Allgemeines visuelles Erscheinungsbild. Die Bestandteile des Notensatzes sollten groß genug sein, damit sie leicht gelesen werden können (denken Sie daran, dass einige Instrumentalisten nicht besonders nah an ihrem Notenpult sitzen können, z.B. Posaunenspieler, Harfenspieler oder Kontrabassspieler). Andererseits sollte die Musik nicht so groß oder mit so großen Zwischenräumen notiert sein, dass unnötig Papier verschwendet wird oder unnötige Seitenwechsel notwendig werden.
- Vermeiden Sie Zusammenstöße zwischen Elementen:
- Notenzeilen müssen angemessene Abstände haben, so dass tiefe Noten einer Zeile nicht mit hohen Noten der darunter liegenden Zeile kollidieren.
- Ebenso müssen die Abstände vertikal genug Platz bieten für Dynamikangaben, Tempowechsel oder andere Symbole.
- Es darf in der horizontalen Ebene keine Kollision irgendwelcher Elemente geben (Vorzeichen, Dynamikangaben, etc.).
- Vertikale Taktstriche zwischen Notenzeilen sollten keine Kollision mit Texten in Vokalwerken oder anderem geschriebenem Text verursachen.
- Rhythmen müssen visuell durch proportionale Abstände erkennbar sein.
Die folgenden Punkte betreffen insbesondere einzelne Stimmenauszüge von Partituren
- Mehrere Sätze oder Abschnitte umfassende Stücke sollten in einer Datei je Stimme zusammengefasst werden. Zum Beispiel sind bei den klassischen Werken mit Einzelstimmen, die auf unserer Seite zu finden sind, wie den bekannten Sinfonien von Beethoven und Brahms alle Sätze eines Instruments in einer Datei enthalten - nicht in je vier Dateien für Violine I, vier für Fagott 1, etc. Lediglich dann sollte ein Abschnitt separat aufgeführt werden, wenn es auch als Einzelstück aufgeführt werden soll oder als Einzelstück Berühmtheit erlangt hat (wie z.B. der bekannte Canon aus Canon and Gigue in D major by Johann Pachelbel). Bei neuen Arrangements für große Gruppen wie Orchester oder Bands von Auszügen gefragter Werke wie Händels Messias, sollten alle Einzelstimmen in einer einzigen PDF-Datei zusammengefügt werden.
- Angemessene Seitenwechsel, insbesondere für Instrumente, die "Einzelkämpfer" sind (z.B. Holzblasinstrumente, Blechblasinstrumente, Schlagzeuge, Harfen). Seitenwechsel in Streicherstimmen sollten dann stattfinden, wenn dadurch der Gesamtklang nicht leidet, weil die Hälfte der Streicher wegen des Blätterns zu spielen aufhört.
- Wiederholungen sollten kein Rückwärtsblättern nötig machen.
- Verwenden Sie Erinnerungsvorzeichen bei der Überleitung zu diatonischen Noten und an anderen passenden Stellen. Notensatzprogramme machen das nicht immer automatisch, besonders, wenn die Musik durch Einspielen erfasst wird. Erinnerungsvorzeichen müssen dann ggf. von Hand ergänzt werden.
- Verwenden Sie korrekte Symbole. Tilden (”~ ~ ~ ~ ~”) sind als Ersatz für die traditionelle Trillerschlange nicht akzeptabel und sind lediglich “MIDI-dump”-Ersatz. (Ein MIDI-Dump ist das, womit Notensatzprogramme automatisch Noten aus einer Sound-Datei oder einer Aufzeichnung generieren. In einem MIDI-Dump sind Triller zwangsläufig als viele 32tel oder 64tel Noten abgebildet. Abgesehen davon, dass dies horizontal eine Unmenge Platz (und Tinte beim Druck) benötigt, ist es unmöglich, auf einen Blick zu sehen, wie lang der Triller ist.)
- Wo es wiederholende Abschnitte gibt, geben Sie an, wie oft wiederholt werden soll. Es gibt verschiedene Wege dies zu tun; verwenden Sie eine fortlaufende Nummer über dem Beginn jeder Wiederholung, schreiben Sie “x6” über die erste Wiederholung, oder verwenden Sie das Symbol kombiniert mit Nummern.
- Lassen Sie Mehrtakt-Pausen nicht als einzelne Takte stehen. Gruppieren Sie diese auf traditionelle Weise – zusammengefasst zu Phrasen, z.B. –4– –8– –12–, wobei jede dieser Gruppen eine hörbare Phrase sein sollte.
- Musiker mit vielen Takten Pause müssen adäquate Einsätze zum Ende der Pausen haben:
- Einsätze müssen gut gewählt werden; verwenden Sie etwas markantes und gut hörbares für die Person, die die Stimme spielt, z.B. eine Violin-Solostimme, die beim Einsatz des Instruments endet.
- Einsätze müssen mit dem Instrument gekennzeichnet werden, das sie spielt.
- Einsätze und Vorschlagnoten dürfen nicht als normalgroße Noten eingegeben werden. Es gibt Unterschiede bei den einzelnen Notensatzpaketen, wie solche Noten dargestellt werden, aber 70% der Normalgröße für Einsätze sollte ein Hinweis sein, der nicht als zu spielende Note missverstanden werden kann und 60% für Vorschlagnoten sollte lesbar sein ohne als Ergänzung zum Grundrhythmus im Takt verstanden zu werden.
- Es muss klar sein, wo Binde- oder Haltebögen beginnen und enden. Wenn Sie nicht vom genauen Mittelpunkt der Note beginnen, sollten sie zumindest so gesetzt sein, dass es eindeutig ist, zu welcher Note sie gehören.
- Wechsel von Notenschlüsseln sollte in Pausen gesetzt werden, nicht mitten in einer gespielten Passage. Wenn dies nicht möglich ist, z.B. in einem sehr langen Lauf, verwenden Sie eine diatonische Noten am Beginn eines Schlages und bevorzugt an einer Oktave oder einer anderen exponierten Stelle innerhalb des Laufs. Verwenden Sie keinen Notenschlüsselwechsel vor einer Note mit Vorzeichen. Prüfen Sie ebenso den Stimmauszug, denn in manchen Fällen verwenden die Computerprogramme für die gesamte Stimme den Schlüssel der am Anfang steht ohne anschließende Wechsel, d.h. die Partitur ist zwar korrekt, aber der Stimmauszug wird viele unnötig hohe oder tiefe Hilfslinien aufweisen. Korrekturlesen ist in jedem Fall notwendig.
- Nummerieren Sie die Seiten. Wenn Sie einzelne Sätze als separate Dateien anlegen, müssen die weiteren Sätze konsequent fortlaufend durchnummeriert werden.
- Stellen Sie sicher, dass alle Elemente einer Partitur, die nur einmal am Beginn der Seite gesetzt wurden, auch in die Stimmauszüge übernommen werden. Korrekturlesen ist auch hier notwendig.
- Anweisungen für die Benutzung von Dämpfern (Sordino) müssen beide Kennzeichnungen beinhalten: “mit” (con sordino) und “ohne” (senza sordino). Das gleiche gilt für jegliche anderen Anweisungen, z.B. Schalltrichter auf und una corda-Kennzeichnung für Pianisten; weisen Sie darauf hin, wenn die Trichter wieder herunter genommen werden sollen oder wo das Pedal endet. Solo- oder soli-Passagen sollten am Ende des Solos eine tutti-Kennzeichnung erhalten.
- Klarinetten, Saxophone, Hörner und Trompeten sind transponierende Instrumente. Unabhängig davon, ob Ihre Gesamtpartitur transponierende Instrumente berücksichtig oder nicht, muss der Stimmauszug für diese Instrumente in der Tonlage gesetzt werden, die der Musiker verwendet. Die gebräuchlichen Transpositionen sind B♭ oder A für Klarinetten (mit dem Vorbehalt, dass A-Klarinetten niemals in einem Holzbläsersatz vorkommen), B♭ für Sopran- und Tenorsaxophone, E♭ für Alt- und Baritonsaxophone, B♭ für Trompeten, und F für Hörner. Es gibt natürlich auch noch ein paar andere, die weniger häufig vorkommen, wie z.B. E♭ für Piccolo-Klarinette oder D für Piccolo-Trompete.
- Prüfen Sie alle Transpositionen. Ein H-Dur Konzert sollte zu Des-Dur für einen B-Klarinettisten werden, nicht Cis-Dur. Wenn Ihr Programm das nicht hinbekommt, legen Sie die Tonart unabhängig fest und ändern es von Hand. Vermeiden Sie unnötig viele Vorzeichen zur Anzeige der Tonart.
- Takte sollten nummeriert sein, aber so, dass sie das Notenbild nicht stören. Bitte nummerieren Sie nicht jeden Takt. Ein Standardvorgehen ist das Nummerieren am Beginn eines jeden Systems in einer lesbaren aber unaufdringlichen Schriftart. Beginnt ein Stück mit einem Auftakt, sollte dieser Takt 0 sein. Wenn Stücke bei Wiederholungen ein 1. und 2. Mal haben dann haben beide Wiederholungen dieselbe Taktnummer. Bei mehrteiligen Stücken beginnt die Nummerierung nach jedem Satz neu.
- (Diesem Punkt wird sicherlich nicht jeder zustimmen.) Es wurde Mode, Take in Abständen von 10 zu nummerieren, jedoch beginnen Abschnitte selten alle 10 Takte und diese Art der Nummerierung ist Unfug bei mehrtaktigen Pausen. Viele aufführende Musiker würden lieber dort eine Taktbezeichnung sehen, wo eine Phrase beginnt, denn dies gibt einen sichtbaren Orientierungspunkt auf der Seite für einen hörbaren Orientierungspunkt, der leicht zu identifizieren ist. Nehmen Sie sich die Zeit, und gehen Sie sorgfältig die Partitur durch Kennzeichnen Sie Stellen, wo Mehrtaktpausen geteilt werden sollen - überlassen Sie dies nicht dem Computer, der dort eine Trennung einfügen könnte, wo sie für eine gemeinsame Phrasenlänge nicht sinnvoll ist.
Zuletzt: Sorgfältiges Korrekturlesen kann nicht genug betont werden
Jeder sollte sorgfältig Korrekturlesen, aber besonders diejenigen, die Notensätze aus einer Erkennungssoftware erzeugen oder MIDIs in Noten umsetzen. Obwohl diese Technologien Zeit sparen können, sind sie ganz einfach noch nicht weit genug entwickelt, um völlig korrekte Notensätze zu liefern.
Schlussendlich nützt das sorgfältige Korrekturlesen denjenigen, die die Werke aufführen, die Sie geschrieben und editiert haben, und das wiederum nützt Ihnen.
Siehe auch